Schnarcherschienen als Alternativtherapie zur Atemmaske

von | Nov 28, 2022

In der Schlafmedizin werden 2 Hauptgruppen der schlafbezogenen Atmungsstörung unterschieden. Eine davon – die obstruktive Schlafapnoe (OSA) – kann alternativ zur herkömmlichen Atemmaske auch zahnärztlich therapiert werden.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema in diesem Blogbeitrag.

Was ist das klinische Bild der schlafbezogenen Atmungsstörung?

In der Schlafmedizin werden 2 Hauptgruppen der schlafbezogenen Atmungsstörung unterschieden:

  1. Atmungsstörungen mit Obstruktion der oberen Atemwege
  2. Atmungsstörungen ohne Obstruktion der oberen Atemwege

Nur die Erkrankungen der ersten Gruppe mit der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) können zahnärztlich therapiert werden und stehen in diesem Blogbeitrag im Vordergrund.

Die obstruktive Schlafapnoe (OSA) ist die häufigste schlafbezogene Atemstörung mit einer Häufigkeit von bis zu 14% in der Bevölkerung der westlichen Industrieländer. Sie wird geprägt durch Tagesmüdigkeit, Konzentrationsstörungen und unerholsamen Schlaf mit möglichen Langzeitfolgen wie Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit, Einschränkung der Lebensqualität, Herz-Kreislauf Effekten, Diabetes mellitus und Niereninsuffizienz. Insgesamt sind mehr Männer als Frauen betroffen und das Auftreten der Erkrankung steigt mit zunehmendem Alter und Body-Mass-Index an.

Das kindliche Schnarchen wird in der Literatur als Vorstufe der obstruktiven Schlafapnoe beschrieben.

Die genaue Diagnosestellung erfolgt durch einen Schlafmediziner im Schlaflabor.

Was passiert bei der Atmungsstörung ursächlich?

Die oberen Atemwege kollabieren nachts wiederholt: der Luftstrom durch die Nase und den Mund zur Lunge ist anatomisch eingeschränkt dadurch, dass die Weichteile des Rachens und des Unterkiefers zusammensacken – als Folge sinkt die Sauerstoffversorgung im Blut ab und es kommt sogar zu Atemaussetzern (Apnoen) als Weckreaktion des Körpers. Es besteht ein erhöhtes Risiko an kardiovaskulären Folgen zu sterben.

Warum hat das Thema Atmungsstörung nun einen starken zahnmedizinischen Bezug?

Das nächtliche Schlafverhalten vieler Menschen mit obstruktiver Schlafapnoe ist gekennzeichnet von lautem Schnarchen, Atemaussetzern, Erwachen in Atemnot und Schläfrigkeit sowie im Anschluss exzessive Tagesmüdigkeit.

Dies kann weitere zahnbezogene Symptome verursachen wie Zähneknirschen in der Nacht, Mundtrockenheit, Schmerzen im Gesichtsbereich, eine chronische Parodontitis und Refluxerkrankungen des Magen-Darm-Bereiches.

Neben den zahnbezogenen Symtomen kann auch zahnmedizinisch zur Therapie bzw. Symptommilderung beigetragen werden.

Wie erfolgt die Diagnostik einer OSA?

Die Diagnostik erfolgt anhand der Messung des pharyngealen Drucks, ab dem die oberen Atemwege kollabieren mithilfe einer Nasenmaske im Schlaflabor.

Zahnmedizinisch führt ein Zahnarzt bei klinischen Auffälligkeiten ein Screening anhand geeigneter Fragebögen durch und achte bei der Untersuchung auf Indikatoren wie Rachenverhältnisse, Bisslage, Platzverhältnisse im Kiefer, Übergewicht, Halsumfang und Gesichtsprofil. Entscheidend ist auch die zahnärztliche Einschätzung mittels eines Kiefergelenkbefundes , ob eine muskulärer und artikulärer Unterkiefervorschub mit einer Schnarcherschiene überhaupt möglich ist.

Wie sieht die zahnärztliche Therapie aus?

Die Behandlung der erkrankten Kinder wird im Zusammenspiel von den Fachrichtungen Kieferorthopädie, Hals-Nasen-Ohren Heilkunde, Logopädie und Pädiatrie geleistet.

Vor Einsatz einer Schnarcherschiene muss das vorhandene Restwachstum mit funktionskieferorthopädischen Geräten gefördert werden.

Erwachsene Patienten erhalten neben allgemeinen Verhaltensinstruktionen wie Gewichtsreduktion bei Übergewicht, Schlafhygiene, Übungen für den Mund-Rachenbereich, Vermeidung der Rückenlage und Verzicht auf Alkohol eine Unterkieferprotrusionsschiene.

Der Einsatz dieser Schiene ist nur bei einer leichten bis mittelgradigen obstruktiven Schlafapnoe möglich. Sie wirkt genau wie die Atemmaske nur symptomatisch und vermindert die Tagesschläfrigkeit, Bluthochdruck und neuropsychologische Veränderungen.

Die Wirkung der Schienen führt zu einer Öffnung der Atemwege, indem der Unterkiefer mittels der Schiene funktionell gegen den Oberkiefer nach vorne geführt und dort auch fixiert wird: Die Zunge verlagert sich ebenfalls nach vorne und der Rachenbereich erweitert sich. Der Luftstrom kann unbehindert zur Lunge fließen und das Blut mit ausreichend Sauerstoff versorgen. Das Schnarchen und die Atemaussetzer verbessern sich deutlich.

Die Herstellung der Schnarcherschiene erfolgt individuell für jeden Patienten nach Abdrucknahme (bei uns in der Praxis auch digital mittels Scanner möglich) im zahntechnischen Labor.

Wie sind die Langzeitaussichten?

Das regelmäßige Tragen der Schnarcherschienen zeigt gleichbedeutende therapeutische Effekte wie die Atemmaske und trägt zu einer langfristigen Lebensqualitätssteigerung bei. Die Patienten empfinden sie als gut tolerierbar, da die Schienen im Vergleich zur Atemmaske nicht invasiv, geräuschlos und transportabel sind.

Nebenwirkungen können temporäre Mundtrockenheit, Zahnempfindlichkeiten, Zahnfleischreizungen, Muskelverspannungen oder Kiefergelenksbeschwerden in den ersten Wochen der Therapie sein.

Es kann langfristig zu Bissveränderungen mit leichten Vorwärtsbewegungen der unteren Zähne und kleinen Rückwärtsbewegungen der oberen Zähne kommen und muss gegen die Vorteile der Schnarcherschiene gegenüber der Atemmaske abgewogen werden. Die Passung der Schnarcherschiene wird halbjährlich zahnärztlich überprüft und angepasst. Die Schiene muss ein Leben lang getragen werden, da sie die Ursache der Schlafapnoe nicht beseitigt.

Fazit

Der umgangssprachliche Begriff des “Schnarchens” verkennt den möglichen komplexen Sachverhalt bei einem Übergang zur obstruktiven Schlafapnoe und sollte sorgfältig vor Therapiebeginn von einem Spezialisten untersucht werden. Auch die negativen Aspekte einer Therapie müssen gegen deren Vorteile bei jedem Patienten individuell zahnärztlich abgewogen werden.

Generell stellt die Behandlung mit einer Unterkieferprotrusionsschiene oft eine komfortable Alternativtherapie zur Positivdrucktherapie mit Atemmaske dar.

Seit Anfang 2022 wurden die Leistungen einer Schnarcherschiene auch im Katalog der kassenzahnärztlichen Leistungen aufgenommen und können bei Leitlinienkonformer Anwendung von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Sprechen Sie mich gerne bei Fragen dazu an.